Religion und europäische Öffentlichkeit - Metamorphosen eines konstitutiven Verhältnisses

Die Dialektik zwischen Religion und Politik ist ein Grundmerkmal in der Entstehung der modernen Institutionen Europas (vgl. die Studien zum Thema von Paolo Prodi), die auch die europäische Eigenart im Verständnis von öffentlichem Raum bzw. Verständigungsprozessen in einer pluralistischen Gesellschaft gekennzeichnet hat. Mit dem Ende der Moderne ist diese systematische Strukturierung der europäischen Verhältnisse in eine Krise geraten, die nach deren Neugestaltung verlangt. Gegenüber dem Sinndefizit der liberalen Gesellschaft Europas bzw. des modernen Verfassungsstaates wird versucht, Religionen als Instanzen einer öffentlichen Sinngebung wieder mit einzubeziehen (J. Habermas). Dies Unternehmen erweist sich aber problematisch und fragwürdig, da inzwischen "Religion" sich erheblich transformiert hat (O. Roy; M.C. Taylor), so dass die so genannte "Wiederkehr der Religion" in der Tat die Erscheinung eines völlig neuen Phänomens des Religiösen in einer post-säkularen Gesellschaft darstellt (J.-L. Nancy) - und für dessen öffentliche Bewältigung die im Lauf der Moderne erworbenen "Mittel" nunmehr unzulänglich sind.
Ein erstes Ziel des Projekts ist, die Prozesse der Metamorphose des Religiösen im europäischen Raum zu analysieren und neue hermeneutische Zugänge zur sich transformierenden Religion zu finden, um ihre Stellung bzw. ihren Beitrag zur Gestaltung des europäischen Zusammenlebens verorten zu können. Ein zweites Ziel des Projekts ist, zu untersuchen, in welcher Form und unter welchen Bedingungen das Christentum zum Aufbau eines pluralistischen Europas in Zeiten der transformierten Religion beizutragen vermag.
Methodologisch handelt es sich vor allem um eine Überwindung der Säkularisierungsthese, die sich als falsch auch für Europa erwiesen hat (H. Joas), und um eine Wiedergewinnung der europäischen Säku-larität (J.-M. Ferry) als Folge der Erfindung der Staatlichkeit als obersten Prinzips sowohl der Politik als auch der Religion (G. Haller), die als europäische Eigenart einer offenen Gastlichkeit (H.-D. Bahr) unseres Kontinents für eine Vielfalt von säkularen und religiösen Sinngebungen gelten kann.

Kurzübersicht

Stichworte
Theologie, Kultur, Politik
Laufzeit
01.01.2008 - laufend
Institutionen der EUF
Seminar für katholische Theologie, Institut für Gesellschaftswissenschaften und Theologie

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durch Verlage für Publikationen; durch vernetzte Institutionen für Forschungsaufenthalte, Vorlesungstätigkeit und Vorträge.