Projektbeschreibung
Die Auswirkungen der EU-Freizügigkeit auf die EU-Herkunftsländer sind kaum erforscht. Auswirkungen der Auswanderung wie sinkende Arbeitslosigkeit auf den lokalen Arbeitsmärkten oder ein Anstieg der Rücküberweisungen werden immer häufiger im Zusammenhang mit den gesellschaftspolitischen Folgen der Abwanderung von Bürgern aus Ost- und Südeuropa diskutiert. Seit den 2010er Jahren beschäftigen sich die Mitgliedsstaaten und die EU-Ebene mit der Abwanderung von Fachkräften aus den EU-Herkunftsländern und den ungleichen Bedingungen im Wettbewerb um Arbeitskräfte im EU-Binnenmarkt. Das Forschungsprojekt will herausfinden, ob und wie die Personenfreizügigkeit und ihre Auswirkungen in süd- und osteuropäischen Gesellschaften die Unterstützung der EU-Integration, EU-Skepsis oder eine Reformagenda fördern. Kollektive Akteur*innen und ihre Wahrnehmung von Wirkungen sind der Schlüssel zur empirischen Beantwortung dieser Frage. Damit testet das Projekt eine zentrale Annahme der EU-Integrationstheorie - den positiven Zusammenhang zwischen Personenfreizügigkeit und europäischer Integration. Die erwarteten Forschungsergebnisse können diese Annahme nuancieren und mögliche Paradoxien in der Art und Weise aufzeigen, wie sich das EU-Prinzip der Freizügigkeit auf die EU-Integration auswirkt.
Forschungsfrage 1: Wie nehmen die kollektiven Akteure in den EU-Herkunftsländern die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit wahr?
In einem ersten Schritt werden die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit in Bezug auf die kollektiven Akteure in den EU-Herkunftsländern umfassend untersucht. Inwieweit die vorherrschende ökonomische Begründung für die Personenfreizügigkeit (und ihre erwarteten Folgen) in Frage gestellt, unterstützt oder Alternativen dazu definiert werden, ist das Ergebnis dieser ersten Forschungsfrage.
Forschungsfrage 2: Wie beeinflusst die Praxis der Freizügigkeit die Einstellung zur EU-Integration?
In einem zweiten Schritt wird untersucht, ob und wie sich die Wahrnehmung der Auswirkungen der Freizügigkeit in den Positionen und Präferenzen der Akteure gegenüber Dimensionen der EU-Integration ausdrückt. Welche Einstellungen artikuliert werden, würde nicht nur Aussagen über den Zusammenhang zwischen Personenfreizügigkeit und EU-Integration erlauben, sondern auch die Möglichkeit bieten, über Strategien der Konfliktlösung im Mehrebenensystem der EU nachzudenken.
Fallländer: Die vergleichende Forschung des Projekts konzentriert sich auf drei EU-Mitgliedsstaaten, die gemessen an ihrer Bevölkerungszahl derzeit zu den Hauptherkunftsländern der EU-Migration zählen: Litauen (11%), Portugal (10%) und Rumänien (16%) (Eurostat 2019).
Gefördert durch: DFG (Sachbeihilfe)