Das Litrameter von Robert Hare
Das Litrameter des an der University of Pennsylvania lehrenden Chemikers Robert Hare wurde in naturwissenschaftlichen Periodika des gesamten angelsächsischen Raumes und Europa vorgestellt. Hare verwendete nach eigenen Angaben übliche Barometerröhrchen als Steigrohre und einen Gummiball (ähnlich dem Peleusball) bzw. eine Spritze zur Erzeugung des Unterdrucks.
Das Litrameter ist ein Gerät zur hydrostatischem Dichtemessung.Diese basiert darauf, die Steighöhen zweier Flüssigkeiten, die von demselben Druck gehoben wurden, zu vergleichen. Die Steighöhe ist dabei umgekehrt proportional zur Dichte und proportional zum Druckunterschied. Über einen Vergleich der Steighöhe der Testflüssigkeit mit einer Referenzflüssigkeit (die in der Regel destilliertes Wasser ist) lässt sich so sehr einfach die Dichte bestimmen.
Das von mir verfolgte Dissertationsvorhaben befasst sich mit der Geschichte der Dichtemessung von Flüssigkeiten im Allgemeinen und im Speziellen mit der Einführung neuer bzw. verbesserter Dichte-Messinstrumente im 19. Jahrhundert. Ein Fokus liegt dabei auf den Gegebenheiten die die Einführung neuer Instrumente für die Akteure wünschenswert erscheinen lassen und den Mechanismen, die Instrumenten zum Erfolg verhelfen oder auch ihre Nichtakzeptanz bewirken.
Insbesondere betrachte ich dabei die Praxis mit den Instrumenten. Da Praxen zu nicht geringen Teilen nicht expliziert werden und so zum Bereich des impliziten Wissens gehören, wurden Messungen mit Originalen und quellengetreuen Nachbauten durchgeführt. Der Rahmen für diese Nachvollzüge wurde dabei von der sogenannten Replikationsmethode gebildet.
Dabei lehne ich mich an die Methodiken an, die in Oldenburg in der Gruppe von Falk Rieß und in Flensburg von Peter Heering entwickelt wurden.
Dieses in weiten Teilen abgeschlossene Dissertationsvorhaben wird von Professor Peter Heering betreut. Einzelne Teile wurden auf dem »Three Societies Meeting« 2012 in Philadelphia, dem ICHSTM 2013 in Manchester und vielen nationalen Tagungen vorgestellt.
Dass man Körpern nicht nur ein absolutes Gewicht zuschreiben kann, sondern auch ein Gewicht pro Volumeneinheit ist eine Erkenntnis, die spätestens seit der Legende von Archimedes bekannt ist. Archimedes sollte einen goldenen Weihekranz auf eine Streckung mit Silber untersuchen, ohne diesen zu beschädigen. Die mit dem sprichwörtlich gewordenen Ausruf »Eureka« begleitete Lösungsidee des Archimedes beruhte darauf, den Kranz in eine voll gefüllte Schale mit Wasser zu tauchen und das überlaufende Wasser aufzufangen und zu wiegen. Das Verhältnis des verdrängten Gewichtes in Wasser mit dem absoluten Gewicht eines Körpers ist materialspezifisch und für Gold und Silber unterschiedlich.
Methoden auch das spezifische Gewicht bzw. die Dichte von Flüssigkeiten zu ermitteln werden wohl deutlich später entwickelt. Die ersten Quellen für solche Untersuchungen und entsprechende Instrumente finden sich in der Spätantike. Die ersten Instrumente haben bereits grundsätzlich die Form der auch heute noch verwendeten Aräometer. Dieses Instrument besteht aus einem zylindrischen Stengel, an dem etwa in der Mitte ein Schwimmkörper und an einem Ende ein Ballaststück angebracht sind. Damit ähnelt das Instrument einem Schwimmer, wie er beispielsweise beim Angeln Verwendung findet. Ein solches Aräometer schwimmt in einer Flüssigkeit aufrecht und taucht je nach spezifischem Gewicht mehr oder weniger tief ein. Aus der Eintauchtiefe lässt sich das spezifische Gewicht der jeweiligen Flüssigkeit bestimmen. Dieser Instrumententypus findet sich bis heute in grundsätzlich gleicher Form aus Glas und Metall.
Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wurden zum einen eine große Zahl an Skalen für diese Instrumente entwickelt, die ihre Handhabung erleichtern und ihrer Verbreitung dienen sollten. Zum anderen wurden auch zahlreiche Alternativinstrumente entwickelt. Nur wenige davon konnten sich in unterschiedlichen Kontexten durchsetzen.
Ein m.E. besonders interessantes Prinzip beruht darauf, die Steighöhen zweier Flüssigkeiten die durch einen Druckunterschied gehoben wurden, zu vergleichen. Je höher eine Flüssigkeit steigt desto (spezifisch) "leichter" ist sie. Die Funktionsweise ist damit sehr eingängig.
Instrumente, die auf diesem Prinzip beruhen werden im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert in recht großer Zahl immer wieder vorgeschlagen und von der jeweiligen Zielgruppe verworfen.
Gerade die Eingängigkeit dieser Instrumente im Widerstreit mit praktischen Hindernissen, die die mögliche Genauigkeit und Reliabilität einschränken lässt sich gut durch praktischen Nachvollzug erfassen.
Auch die teilweise erfolgreichen Bemühungen das Aräometer in Bereichen des Handwerks, des Handels und der Industrie zu etablieren, lassen sich mit entsprechendem Verständnis über das implizite Handlungswissen besser verstehen und einordnen. Beispiele wären die Nutzung des Aräometers beim Brauen von Bier oder bei der Kontrolle von Milch auf Vermischung mit Wasser. Letzteres wird gerade in den Städten im 19. Jahrhundert immer wichtiger.
Eine vergleichende Analyse dieser Vorgänge wird den Hauptteil dieser Arbeit ausmachen.
Publikationen
Engels, Timo (2012): Kurze Geschichte der Dichtemessung von Flüssigkeiten, in: Heering, Peter; Markert, Michael & Weber, Heiko: Experimentelle Wissenschaftsgeschichte didaktisch nutzbar machen. Ideen, Überlegungen und Fallstudien., Flensburg, Flensburg University Press. 133-152.
Hare, Robert: Beschreibung des Litrameters, eines Instrumentes zur Bestimmung der specifischen Schwere. In: Polytechnisches Journal Bd. 22, Nr. 5. Digitalisierung: Humboldt-Universität Berlin und SLUB Dresden (Volltext)