Self-Compassion

"Ein Moment des Selbstmitgefühls kann deinen ganzen Tag verändern. Eine Reihe solcher Momente kann den Verlauf deines Lebens verändern." – Christopher Germer

Summary

Self-Compassion ist Mitgefühl, das man sich selbst, vor allem in schwierigen Situationen, entgegenbringt. Es ist ein Schutzfaktor gegen psychische Auffälligkeiten und kann das Wohlbefinden steigern. Self-Compassion kann durch zielgruppenspezifische Übungen und Einheiten gezielt gestärkt werden – dies wird im Rahmen verschiedener kleiner Forschungsprojekte wissenschaftlich begleitet und untersucht.

Self-Compassion – Definition und Forschung

Self-Compassion (Deutsch: Selbstmitgefühl) ist eine Haltung, bei der wir das Mitgefühl nach innen richten. Es bedeutet eigenes Leiden und eigene Fehler bewusst wahrzunehmen, diesen verständnisvoll zu begegnen und es als Teil des menschlichen Lebens zu betrachten (Gruber et al., 2020; Neff, 2003b). Im Kern geht es darum, mit sich selbst genauso freundlich umzugehen, wie mit einem guten Freund bzw. einer guten Freundin (Castello, 2020). Nach Neff (2003b) können der Komponenten von Self-Compassion beschrieben werden:

  1. Selbstfreundlichkeit: Freundlich zu sich selbst zu sein statt sich zu verurteilen
  2. Verbindende Humanität: Die Erkenntnis, dass negative Erfahrungen und Leid ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Daseins sind und wir mit unseren Schwierigkeiten nicht alleine sind anstatt sich als isoliert zu erleben
  3. Achtsamkeit: Ein achtsames Wahrnehmen statt einer Überidentifikation mit negativen Erlebnissen

Zur Operationalisierung des beschriebenen Konzeptes liegen Instrumente sowohl für das Erwachsenenalter (Self-Compassion Scale; Neff, 2003a) als auch das Jugendalter vor (Self-Compassion Scale for Youth; Neff et al., 2021). Die deutschsprachige Version der Self-Compassion Scale for Youth wird derzeit in der Abteilung Sonderpädagogische Psychologie validiert (Grabowski et al., in Vorbereitung).

Ursprünglich der buddhistischen Philosophie entstammend wird Self-Compassion seit einiger Zeit vermehrt auch in der westlichen Forschung in den Blick genommen. Es konnte gezeigt werden, dass Self-Compassion ein veränderbarer Charakterzug ist und somit "erlernbar" (Bluth et al., 2020). Self-Compassion ist ein Schutz- und Resilienzfaktor, so finden sich bei höherer Self-Compassion eine geringere Psychopathologie (Angst, Depression, Stress) und eine höhere Lebenszufriedenheit bei Erwachsenen (MacBeth & Gumley, 2012; Zessin et al., 2015). Auch bei Kindern und Jugendlichen kann Self-Compassion ein wichtiger Bestandteil der Stärkung psychischer Gesundheit sein (Marsh et al., 2018; Neff & McGehee, 2010), der bereits durch kurze Interventionen und Übungen gestärkt werden kann. Insbesondere Risikogruppen könnten in diesem Zusammenhang von einer Stärkung von Self-Compassion profitieren, um psychischen Auffälligkeiten präventiv zu begegnen.

Im Rahmen von Projekten wurden bereits verschiedene Formen von Self-Compassion Einheiten untersucht:

  • Positive Evaluation von drei Doppelstunden zu Self-Compassion bei Kindern und Jugendlichen mit emotionalen und sozialen Auffälligkeiten (Boss, 2023)

Aktuell wird in Projekten die Stärkung von Self-Compassion wie folgt untersucht:

  • Veränderung der Self-Compassion bei 12.- Klässlerinnen und Klässlern durch einen Projekttag zum Thema
  • Veränderung der Self-Compassion bei 7.-Klässlerinnen und Klässlern einer Gemeinschaftsschule durch drei Doppelstunden zum Thema

Ressourcen

https://self-compassion.org/

https://www.bruecke-flensburg.de/aktuelles/artikel/ich-kann-selbstmitgefuehl-du-auch

Neff, K. (2012). Selbstmitgefühl – Wie wir uns mit unseren Schwächen versöhnen und uns selbst der beste Freund werden. Kailash.

Literatur

Bluth, K., Park, J. & Lathren, C. (2020). Selbstmitgefühl im jugendlichen Alter: Überblick über die aktuelle Forschung. In H. Bents, M. Gschwendt & J. Mander (Hrsg.), Achtsamkeit und Selbstmitgefühl (S. 50–64). Springer Berlin Heidelberg.

Boss, L. (2023). Selbstmitgefühl fördern: Interventionen für Kinder und Jugendliche mit emotionalen und sozialen Auffälligkeiten [Bachelorarbeit]. Europa-Universität Flensburg, Flensburg.

Castello, A. (2020). Trend: Self-Compassion bei Kindern und Jugendlichen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 89(4), 293–296. https://www.reinhardt-journals.de/index.php/vhn/article/view/153019/5563

Grabowski, F. C., Berger, F. & Schinz, I. (in Vorbereitung). Translation and validation of the German version of the Self-Compassion Scale for Youth.

Gruber, E., Bents, H. & Mander, J. (2020). Achtsamkeit und Selbstmitgefühl in der Psychotherapie – state of the art. In H. Bents, M. Gschwendt & J. Mander (Hrsg.), Achtsamkeit und Selbstmitgefühl (S. 6–16). Springer Berlin Heidelberg.

MacBeth, A. & Gumley, A. (2012). Exploring compassion: a meta-analysis of the association between self-compassion and psychopathology. Clinical Psychology Review, 32(6), 545–552. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2012.06.003

Marsh, I. C., Chan, S. W. Y. & MacBeth, A. (2018). Self-compassion and Psychological Distress in Adolescents-a Meta-analysis. Mindfulness, 9(4), 1011–1027. https://doi.org/10.1007/s12671-017-0850-7

Neff, K. D. (2003a). The Development and Validation of a Scale to Measure Self-Compassion. Self and Identity(2), 223–250. DOI: 10.1080/15298860390209035

Neff, K. D. (2003b). Self-Compassion: An Alternative Conceptualization of a Healthy Attitude Toward Oneself. Self and Identity, 2(2), 85–101. https://doi.org/10.1080/15298860309032

Neff, K. D., Bluth, K., Tóth-Király, I., Davidson, O., Knox, M. C., Williamson, Z. & Costigan, A. (2021). Development and Validation of the Self-Compassion Scale for Youth. Journal of Personality Assessment, 103(1), 92–105. https://doi.org/10.1080/00223891.2020.1729774

Neff, K. D. & McGehee, P. (2010). Self-compassion and Psychological Resilience Among Adolescents and Young Adults. Self and Identity, 9(3), 225–240. https://doi.org/10.1080/15298860902979307

Zessin, U., Dickhäuser, O. & Garbade, S. (2015). The Relationship Between Self-Compassion and Well-Being: A Meta-Analysis. Applied psychology. Health and well-being, 7(3), 340–364. https://doi.org/10.1111/aphw.12051

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