Sprachwissenschaft

Zum Englischstudium gehört ein Bereich, der den meisten StudienanfängerInnen – anders als Literaturwissenschaft oder Landeskunde – nicht bereits aus der Schule bekannt ist: die Lingu­istik oder Sprachwissenschaft. Unter Linguistik versteht man die wissenschaftli­che Beschäf­tigung mit Sprache überhaupt beziehungsweise mit einer Einzelsprache wie dem Englischen. Für die anglistische Linguistik gilt etwa folgende fachspezifische Grundfragestel­lung: Wie lässt sich die englische Sprache in ihrem vielschichtigen Aufbau systematisch erfassen und in ihren vielfältigen Erscheinungsformen angemessen beschreiben?

Eine Schwierigkeit beim Einstieg in den linguistischen Zweig des Studiums besteht wohl darin, dass uns Sprache durch den alltäglichen Umgang mit ihr zur absoluten Selbstverständ­lichkeit geworden ist, über deren Funktionieren wir im Normalfall nicht weiter nachzudenken haben. Erst bei einem Stromausfall wird uns oft bewusst, wie sehr unser Leben auf Elektrizi­tät angewiesen ist. Man stelle sich als Gedankenexperiment nur einmal vor, es gäbe eines Tages einen totalen "Sprachausfall": Was würde dies bedeuten?

Die Linguistik unternimmt also über weite Strecken eine Art "Bewusstmachung" dessen, was ein native speaker in der kompetenten Verwendung der Sprache alles weitgehend unbewusst "weiß", beherrscht und kann. Wie werden die Laute des Englischen gebildet? Welche Laut­kombinationen gehören als Wörter zum Vokabular der Sprache, und nach welchen Regeln sind neue Wörter zu bilden? Wie kombiniert man schließlich Wörter zu akzeptablen Sätzen und diese zu längeren Texten, um mit anderen Sprecherinnen und Sprechern zu kommuni­zieren? Und wie gelingt erfolgreiche Kommunikation, an deren Ende die Beteiligten nach Möglichkeit erreicht haben, was sie voneinander wollten?

Diese und andere Fragen werden in verschiedenen linguistischen Teildisziplinen behandelt. So beschreibt die anglistische Phonetik/Phonologie das Lautsystem der englischen Sprache. Die Syntax behandelt die Regeln englischer Satzbildung. Die Lexikologie befasst sich gene­rell mit dem Vokabu­lar, wobei der Schwerpunkt entweder auf der Morphologie (Wortbil­dungslehre) oder auf der Semantik (Bedeutungslehre) liegt. Die Pragmatik untersucht, wie Spre­cherinnen und Sprecher ihre Sprachkenntnisse situationsabhängig einsetzen, um bestimm­te Ziele zu erreichen. Diskursanalyse und Textlinguistik beschreiben die Regelhaf­tigkeiten innerhalb ganzer Gespräche oder längerer Texte. Weil die englische Sprache über­dies nicht nur eine lange und bewegte Geschichte, sondern ebenso eine weltweite Verbreitung und Ausdifferenzierung in verschiedenste soziale, regionale und nationale Dialekte hat, gehö­ren auch Historische Sprachwissenschaft sowie Soziolinguistik und Varietätenforschung zum Fachkanon. Eine interdisziplinäre Verbindung zur Fachdidaktik und Sprachlehrforschung liegt schließlich im Thema des Erst- und Zweitspracherwerbs, dem sich die Psycholinguistik widmet. Sowohl Sprachlehre als auch Sprach- und Fremdsprachendidaktik stellen überdies die wohl wichtig­sten Felder einer Angewandten Linguistik dar. – Zur Einführung in das gesamte Fachgebiet der anglistischen Sprachwissenschaft dient der Grundlagenkurs Intro­duction to Language and Linguistics, der im ersten BA-Studiensemester zu belegen ist.

Als praktischer Nebeneffekt der linguistischen Beschäftigung mit den verschiedenen Aspek­ten und Komponenten des Englischen lässt sich oftmals auch die eigene Kompetenz in der Fremdsprache verbessern – so gehören Übungen zu Grammar und Pronunciation ausdrück­lich zu den Grundlagen der englischen Sprachpraxis in den Semestern 1 und 2. Und wenn der Einstieg erst gefunden und durch die Proseminare des 4. Semesters exemplarisch vertieft ist, kann sich die englische Sprachwissenschaft als faszinie­rendes Feld erweisen. Zu unseren besonderen Flensburger Spezialitäten innerhalb der anglistischen Linguistik gehören die ver­gleichende Semantik, die kognitiv-linguistische Metaphernforschung sowie die angewandt-linguistische Classroom Discourse Analysis.

Dabei gibt es interessante Erkenntnisse über das Funktionieren von Sprache und Kommunika­tion ebenso zu gewinnen wie erhellende Einsichten ins menschliche Denken, das sich doch vor­nehmlich in sprachlicher Form äußert. Und mit Einblicken in die Eigenheiten einer Sprachge­meinschaft erweist sich die Linguistik auch als vergleichende Kulturwissenschaft.