Offizielle Pressemitteilungen der Europa-Universität Flensburg (EUF)
Entwürfe von morgen: Indigene Zukunft in Literatur und Kultur
Die Klischees sind so falsch wie rückwärtsgewandt und langlebig: Yakari, Winnetou, Der mit dem Wolf tanzt. In den USA werden indigene Kulturen und Lebensrealitäten ausschließlich als etwas Ausgestorbenes, Vorzeitliches und längst Überholtes wahrgenommen und in Literatur, Museen, Filmen, Sportmaskottchen und Kinderspielzeug in stereotypen Darstellungen konserviert, als besäßen indigene Menschen weder Gegenwart noch Zukunft.
Betrifft auch Zukunftsfähigkeit nicht-indigener Gesellschaften
Das DFG-geförderte Projekt "Wissen (über)Morgen 2.0: Indigen-Nordamerikanische Zukunftsarchive des 21. Jahrhunderts" hat diese Perspektive umgedreht und knapp drei Jahre zu indigenen Zukunftsvorstellungen geforscht. "Das ist nicht nur kulturwissenschaftlich angebracht und bereichernd, sondern betrifft auch die Zukunftsfähigkeit nicht-indigener Gesellschaften", erklärt Projektleiterin Birgit Däwes, Professorin für Amerikanistik an der EUF. "Denn vor dem Hintergrund der großen Krisen, die Gegenwartsgesellschaften gerade erleben, von der globalen Pandemie über Krieg und Zerstörung bis hin zur drohenden Klimaapokalypse, muss das 21. Jahrhundert alternative Zukunftserzählungen zu entwickeln lernen. Dabei können wir viel von indigenen Kulturen lernen, denn sie sind reich an Zukunftsvisionen als Orten des ‚Überlebens‘."
Subversives Potenzial: indigene Zukunftsvorstellungen
Die Tagung am 16. und 17. Mai 2022 bringt an der Europa-Universität Flensburg (EUF) indigene und nicht-indigene Wissenschaftler*innen aus Kanada, Europa und den Vereinigten Staaten zusammen, um Darstellungen einer zukünftigen Welt in indigenen Romanen, Dramen, Filmen, visuellen Künsten und digitalen Medien, sozialen Netzwerken, Museen und Aufführungsräumen zu untersuchen.
"Wir hoffen, langjährige transnationale Dialoge über die Zukunft zu initiieren, die die ausgetretenen Pfade von Klischees feindlicher Maschinen und übergriffiger Außerirdischer verlassen", sagt Däwes. "Stattdessen werden wir das subversive Potenzial ‚anderer Zukünfte‘ erforschen und damit nicht-westliche Wissenssysteme im Interesse wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit stärken."
Prominent, international und hochkarätig besetzt
Alle Konferenzteilnehmenden sind einschlägige Expert*innen im Bereich der indigenen Literatur- und Kulturwissenschaften: Die Keynote hält der Nestor der US-amerikanischen Indigenous studies Gerald Vizenor, Schriftsteller, Hochschullehrer und Angehöriger der White Earth Anishinaabe in Minnesota.
Weitere Vortragende sind unter anderem:
Die vielfach ausgezeichnete amerikanische Autorin Diane Glancy (Cherokee), der Theaterwissenschaftler und Gründer des am längsten existierenden indigenen Theaterfestivals Randy Reinholz (Choctaw), der emeritierte Amerikanistik-Professor Hartmut Lutz, der für die deutsche ‚Indianer‘-Begeisterung den Begriff "Indianthusiasm" geprägt hat, die Rostocker Amerikanistik-Professorin Gesa Mackenthun, die leitende Kuratorin im First Americans Museum in Oklahoma City, heather ahtone (Chickasaw), der Digitalkünstler, Dichter, Softwaredesigner und Professor für Computermedien und indigene Zukunftsvorstellungen an der Concordia University in Montreal, Kanada, Jason Edward Lewis (Cherokee/Native Hawaiian/Samoan), der Science-Fiction-, Horror- und Krimischriftsteller Stephen Graham Jones (Blackfeet) sowie der zeitgenössische Maler Ryan Singer (Diné/Navajo).
Eine europäische Perspektive auf das Thema wird unter anderem die sámische Wissenschaftlerin Ellen Marie Jensen von der Sámi University of Applied Sciences beitragen.
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