„Reconciliation and Conflict Resolution“ (ReCo)/ Studien zu Versöhnung und Konfliktlösung, Schriftenreihe (wbg/Herder)
Versöhnung ist in wachsendem Maße zum Bestandteil internationaler Konfliktlösungsstrategien geworden. Zwischen dem moralisch legitimien Gebrauch der Versöhnung (dem ‚coming to terms with the painful past‘ für die Überlebenden von Gewaltherrschaften) und dem strategisch illegitimen Missbrauch des Versöhnungsbegriffs (zur billigen Entschuldung der alten Eliten) rangieren Wahrheits- und Versöhnungskommissionen als politisches Mittel der Konfliktlösung seit ihrem Beginn in den 1970er Jahren bis in die Gegenwart. Ein vielbeachtetes Beispiel ist die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission aus den 1990er Jahren.
In der vorliegenden Schriftenreihe wird das Potential der fruchtbaren Spannung von Versöhnung und Konfliktlösung ermittelt. Die Reihe versteht sich als Forum für wissenschaftlich-interdisziplinäre Studien, die Versöhnung (intra- und interpersonal wie auch national und international) als Bestandteil von gesellschaftlichen Konfliktlösungsstrategien (unter den Bedingungen von Recht und Wahrheit) begreifen.
Rechtliche, politische und religiöse Dimensionen der Versöhnung beinhalten in der Regel auch mentale Komponenten (Anerkennung von Leid, Aufbau interreligiöser Toleranz, Reflexion von verfestigten Narrativen). Ohne ein Minimum an rechtlich geregelter Wiedergutmachung (Restitution) kann es keine Versöhnung innerhalb einer Gesellschaft oder zwischen Nationen geben; ohne Wahrheit in ihrer historischen, moralischen und rechtlichen Dimension, gibt es keinen Neubeginn. Mit den Stichworten Wiedergutmachung, Wahrheitsfindung und Neubeginn werden drei der fünf prinzipiellen Handlungsoptionen aus dem interdisziplinär geführten Diskurs um "transitional justice" aufgegriffen; je nach politischer Transformation (verhandelter Übergang, Umsturz oder Kompromiss) werden die Strafverfolgung gegenüber den Tätern eingeleitet (Option 1), Amnestien erlassen (Option 2), Wahrheitskommissionen eingerichtet (Option 3), die Wiedergutmachung für die Opfer (materiell, moralisch, justiziell) angestrebt (Option 4) bzw. Sanktionen außerhalb des Strafrechts (Säuberung des öffentlichen Dienstes einschließlich Militär und Polizei von belasteten Mitarbeitern) verhängt (Option 5).
Die Schriftenreihe ReCo steht in Verbindung mit der interdisziplinären, transnationalen und multireligiösen European Wasatia Graduate School for Peace and Conflict Resolution. An den Standorten Flensburg (Europa-Universität) und Berlin (Maecenata-Stiftung) untersuchen israelische, palästinensische, deutsche sowie Promovenden anderen Nationen die Bedingungen der Versöhnung in Nahost im internationalen Quervergleich. Welche diplomatischen Lösungsansätze auch künftig verfolgt werden – so werden diese doch nur im Kontext eines Prozesses der Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern tragfähig sein. Ausgehend von diesem Projekt versteht sich die Schriftenreihe aber zugleich als Forum für Forschungsarbeiten zu anderen Konfliktherden, mithin als internationaler Multiplikator.