Steigender Schiffsverkehr auf ansteigendem Meeresspiegel
Forschungsprojekte untersuchen, wie Klimaziele und Seeverkehr miteinander vereinbart werden können.
Flensburg, 29.6.2022. "Schleswig-Holstein soll das erste klimaneutrale Industrieland werden und dieses Ziel bis 2040 erreichen." So steht es im aktuellen Koalitionsvertrags des Landes Schleswig-Holstein, den CDU und Grüne am 28.6.2022 unterzeichnet haben.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine klimagerechte Schifffahrt für Schleswig-Holstein von enormer Bedeutung. Denn für das Bundesland zwischen Nord- und Ostsee ist der internationale Seeverkehr ein Wirtschaftsfaktor: Die Häfen im nördlichsten Bundesland verbuchten seit einigen Jahren ein Umschlagsplus. Prognosen gehen davon aus, dass der Seeverkehr in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird und damit Schiffsemissionen erheblich ansteigen. Laut der Internationalen Seeschifffahrts - Organisation (IMO) könnten die Emissionen der Schifffahrt bis zum Jahr 2050 um 50 - 250 % ansteigen.
Forscher*innen der EUF am Zentrum für erneuerbare Energiesysteme (ZNES) haben daher zwei Jahre lang (01.01.2020 - 31.12.2021) in einer groß angelegten Systemstudie im Projekt "KlimaSchiff-SH" die Emissionen der Schifffahrt auf Nord- und Ostsee aus historischen (2015) Schiffsbewegungsdaten berechnet. Das Ergebnis: Deren CO2 – Ausstoß ist mit knapp 35 Millionen Tonnen höher als der gesamte CO2 – Ausstoß des Landes Schleswig-Holstein in diesem Zeitraum, der insgesamt 18 Millionen Tonnen beträgt. Die Feinstaubbelastung beträgt knapp 14 000 Tonnen – zum Vergleich: Die Belastung durch den gesamten deutschen Verkehrssektor beträgt 24 000 Tonnen.
"Diese Partikelemissionen sind besonders schädlich für die menschliche Gesundheit und werden, auch wenn auf Hochsee aufgestoßen, mit dem Wind hunderte Kilometer ins Inland transportiert und haben dort akut Einfluss auf die menschliche Gesundheit. Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren – in einer der am dichtest befahrenen Meeresregionen der Welt – ist damit akut von Schiffsabgasen betroffen", erklärt Franziska Dettner vom Projektteam.
Die detaillierte Berechnung des CO2 – Ausstoßes und der Partikelemissionen ist notwendig, um Schadstoffrichtlinien festzulegen und alternative Kraftstoffe und Emissionsreduktionsmaßnahmen zu bewerten.
Bei den Berechnungen alleine soll es nicht bleiben: Parallel dazu untersuchen Forscher*innen der Hochschule Flensburg unter der Leitung von Prof. Wiktoria Vith seit Januar 2022 in dem Projekt ParShip die Partikelemissionen bei der Verbrennung von Schiffskraftstoffen und die Möglichkeiten, wie diese mithilfe von Scrubbertechnologie verringert werden könnten.
Vor dem Hintergrund des landesweiten Ziels, bis 2040 klimaneutral zu werden, muss auch der maritime Sektor mehr zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen beitragen. Beide Projekte mit der Vorlage neuer Emissions-Analysen und der Erforschung neuartiger Schadstoffregulationen schaffen dafür Voraussetzungen.
Beide Projekte wurden und werden von der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) mit rund 280.000 Euro gefördert.