Literatur- und Kulturwissenschaftliches Kolloquium Herbst 2021

Das Literatur- und Kulturwissenschaftliche Kolloquium ist eine semesterbegleitende Vortrags- und Diskussionsreihe. Alle Interessierten sind herzlich zur Teilnahme eingeladen. Die Vorträge finden teils digital, teils in Präsenz statt.

Das Programm des Herbstsemester 2021 steht unter der Überschrift

Transnationale Literaturen und Literaturtransfer im 20. und 21. Jahrhundert

Die Termine im Überblick:

7. Oktober 2021: Prof. Dr. Ottmar Ette (Universität Potsdam)
12.15 – 13.45 Uhr, Online-Vortrag mit Diskussion
’Weltliteratur will jetzt nicht viel sagen‘ – die Literaturen der Welt und die Literaturen ohne festen Wohnsitz

28. Oktober 2021: Prof. Dr. Patrice Nganang (Stony Brook University, USA)
16.15 -17.45 Uhr, Online-Vortrag mit Diskussion
The Alphabet and Silent Communication During Civil Wars in Cameroon

11. November 2021: Dr. Eva Wiegmann (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
12.15 – 13.45 Uhr, Online-Vortrag mit Diskussion
Historische und temporale Dimensionen des Interkulturellen. Perspektiven für das literaturwissenschaftliche Forschungsfeld

25. November 2021: Prof. Dr. Elisabeth Arend (Universität Bremen)
12.15 – 13.45 Uhr, Hybridformat: Präsenzveranstaltung (Raum OSL 238) sowie online-Übertragung
Transnationalität als Denkfigur. Überlegungen zu neueren Entwicklungen in der Literaturwissenschaft

9. Dezember 2021
16.15 -17.45 Uhr, Online-Vorträge mit Diskussion

Prof. Dr. Volker Jaeckel (Universidade Federal de Minas, Brasilien)
Die Präsenz von Nationalsozialismus und Holocaust in der zeitgenössischen brasilianischen Literatur: Dystopien, Erinnerungen und Fiktionen

Dr. Isabelle Leitloff (Europa-Universität Flensburg)
Stefan Zweigs Flucht vor dem Nationalsozialismus - aus Europa, nach Brasilien. Transatlantische Überquerungen und ihre Folgen in der (außer-)literarischen Realität Zweigs

Die Veranstaltungen im Detail

7. Oktober 2021

Prof. Dr. Ottmar Ette (Universität Potsdam)

’Weltliteratur will jetzt nicht viel sagen‘ – die Literaturen der Welt und die Literaturen ohne festen Wohnsitz

12.15 – 13.45 Uhr, Online-Vortrag mit Diskussion

Abstract: Konzept und begriffliche Eingrenzung von "Weltliteratur" durch Goethe gingen bereits von einer Epoche aus. Der Epochenbegriff setzt voraus, dass eine Epoche einen Anfang wie auch ein Ende besitzt. Die Ausgangsthese dieses Vortrags lautet daher, dass der Begriff der Weltliteratur eine längst historisch gewordene Epoche bezeichnet und eine begriffliche Bestimmung meint, die – wie auch neuere Ansätze von Casanova oder Damrosch zeigen – wie der Goethe’sche Begriff der Weltliteratur zentriert ist. Eine derartige Zentrierung von Literatur durch den Begriff der Weltliteratur wird der aktuellen Situation literarischen Schreibens weltweit bei weitem nicht gerecht. Im Vortrag wird es daher darum gehen, ein viellogisches Panorama der Literaturen der Welt zu entwerfen und zugleich die Literaturen ohne festen Wohnsitz in einer Zeit zu entfalten, in welcher translinguale Prozesse diesseits wie jenseits von Nationalliteratur und Weltliteratur die Polylogik der Literaturen der Welt verstärken.


Prof. Dr. Ottmar Ette ist Lehrstuhlinhaber für Romanische Literaturwissenschaft an der Universität Potsdam. Er promovierte an der Universität Freiburg im Breisgau mit einer Arbeit über José Martí und habilitierte sich an der Katholischen Universität Eichstätt über Roland Barthes. Seine Forschungsinteressen umfassen Romanische Literaturen sowie die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Er ist Ehrenmitglied der Modern Language Association of America (MLA) sowie Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Academia Europaea.

Veranstaltungslink:

https://uni-flensburg.webex.com/uni-flensburg/j.php?MTID=mf4edf2db5753ac88bf7f5c949d5f952b

Meeting number (access code): 2730 871 5967
Meeting password: hPmXJYCv823

28. Oktober 2021

Prof. Dr. Patrice Nganang (Stony Brook University, USA)

The Alphabet and Silent Communication During Civil Wars in Cameroon

16.15 -17.45 Uhr, Online-Vortrag mit Diskussion

Abstract: Before becoming the location of two civil wars (1959-1970, and 2017 till today) Cameroon was the playing ground of world powers, having been colonized first by Germans, and then the British and the French. As such, the country has been in the middle of the last global wars. This has had consequences on the way Cameroonians talk about war, but mostly on the way they interact with each other during the war. How the written word is used during violent campaigns has been significant from the invention of shumum language to the use of social media today – Twitter, Facebook. How is the ‘war front scripture’ meaningful in shaping a new Cameroonian literature? These are the questions this talk will address.

Patrice Nganang is a Professor of literary and cultural theory, and Chair of the Department of Africana Studies at Stony Brook University, New York. He is an acclaimed writer, and author of fifteen books – monographs, novels, essays and collections of poems. He has received many awards, including the prix Marguerite Yourcenar and the Grand prix de la littérature d’Afrique noire.

Veranstaltungslink:

https://uni-flensburg.webex.com/uni-flensburg/j.php?MTID=ma31a4cf638c6bac6a0d4f7a6261cdaf0

Meeting number (access code): 2730 273 3071
Meeting password: N3jTqw4mCR7

11. November 2021

Dr. Eva Wiegmann (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)

Historische und temporale Dimensionen des Interkulturellen. Perspektiven für das literaturwissenschaftliche Forschungsfeld

12.15 – 13.45 Uhr, Online-Vortrag mit Diskussion

Abstract: Die an interkulturellen Fragestellungen interessierten Literaturwissenschaften arbeiten derzeit überwiegend mit einem gegenwartszentrierten Fokus auf Globalisierungsphänomene. Im germanistischen Bereich lässt sich jedoch in den letzten Jahren eine verstärkte Erweiterung des Forschungsfeldes im Zeichen des Diachron-Geschichtlichen beobachten, wobei sich weiterführend auch eine Ausweitung auf Aspekte der Zeitlichkeit ergibt, die von der vorwiegend räumlich fokussierten Interkulturalitätsforschung bislang kaum in den Blick genommen wurden. Der Vortrag will zeigen, wie diese Perspektivierung maßgeblich zu einer Komplexitätssteigerung des im öffentlichen Diskurs häufig zu undifferenziert gedachten Interkulturalitätsbegriffs beiträgt und zugleich kulturwissenschaftliche Fragestellungen stärker an genuin philologische und ästhetische Forschungsinteressen anschließen kann.

Dr. Eva Wiegmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo sie an ihrem Habilitationsprojekt über Ästhetische Interkulturalität in diachroner Perspektive arbeitet. Ihre Forschungsschwerpunkt liegen in den Bereichen Literatur und Kunst der Moderne und Antimoderne, ästhetische Innovation im Kontext kultureller Wandlungsprozesse, Kulturkritik und Kulturtheorie, Ecocriticism, Inter- und Transkulturelle sowie Postkoloniale Studien.

Veranstaltungslink: 

https://uni-flensburg.webex.com/uni-flensburg/j.php?MTID=m516e9110baa973a7868c6a6fce90447e

Meeting number (access code): 2734 332 9970
Meeting password: TBvVNkrh567

25. November 2021

Prof. Dr. Elisabeth Arend (Universität Bremen)

Transnationalität als Denkfigur. Überlegungen zu neueren Entwicklungen in der Literaturwissenschaft

12.15 – 13.45 Uhr, Hybridformat: Präsenzveranstaltung Raum OSL 238 sowie online-Übertragung

Abstract: Grenzüberschreitung gilt als zentrales Element von Transnationalität, eines Konzepts, das zwischenzeitlich auch in Kultur- und Literaturwissenschaft theoretisch reflektiert wird.  Seit Ende des 20. Jahrhunderts ist es auch in den Literaturwissenschaften – in erster Linie in thematischer Hinsicht – angekommen. Noch lange nicht ausgelotet ist hingegen die Möglichkeit, Transnationalität auch für Methodik und Studiengangskonzeption als Denkfigur ernst zu nehmen. Wo dies in disziplinären Zusammenhängen geschehen ist, hat sich das innovative Potential von Trans-Konzepten wie Transnationalität oder Transarealität deutlich gezeigt. In meinem Beitrag gehe ich den aufgezeigten Linien nach.

Zu Prof. Dr. Elisabeth Arend: Nach Studium Romanistik und Geschichte in Freiburg / Breisgau und Reims Promotion an der RWTH Aachen mit einer Dissertation zur Geschichte des gelehrten Zeitschriftenwesens im 18. Jh. Habilitation an der Universität Göttingen zu "Lachen und Komik in Giovanni Boccaccios Dekameron"; seit 2000 Professorin für Romanische (frankophone und italienische) Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt Italianistik am FB 10 der Uni Bremen, nach Abwicklung der Italianistik im Zuge der Umstellung auf BA/Ma seit 2009 zuständig für Entwicklung und Leitung des Master Transnationale Literaturwissenschaft: Literatur, Theater, Film". Forschungsschwerpunkte (aktuell): Mittelmeer-Forschungen; frankophone Literaturen und Kulturen des Maghreb sowie Fragen der transnationalen Literaturwissenschaft. Schwerpunkte in der Lehre: Systematik und Methodik einer transnational und transmedial verfassten Literaturwissenschaft; Projekt- und Transferlehre

Veranstaltungslink:

https://uni-flensburg.webex.com/uni-flensburg/j.php?MTID=m3640452c62e261ddb8e43b7c808f2925  

Access code: 273 241 63565

Password: tM2hb7cRMb2

9. Dezember 2021

Sitzung mit zwei Vorträgen

Prof. Dr. Volker Jaeckel (Universidade Federal de Minas, Brasilien)

Die Präsenz von Nationalsozialismus und Holocaust in der zeitgenössischen brasilianischen Literatur: Dystopien, Erinnerungen und Fiktionen

In Brasilien kann man in den letzten zwei Jahrzehnten eine größere Präsenz des Themas Holocaust und Nationalsozialismus in der Literatur und auch in der wissenschaftlichen Forschung beobachten. In einigen Romanen wird die Tatsache hervorgehoben, dass Brasilien ein Ort der Begegnung zwischen Henker und Opfer war. Verfolgte Juden auf der Flucht vor der Vernichtung gingen nach Brasilien ins Exil und nach dem Zweiten Weltkrieg auch flüchtige Nazis. Wir haben drei aktuelle, aber sehr unterschiedliche Bücher für einen analytischen Vergleich ausgewählt:
Im Fall von A Segunda Pátria (2015) von Miguel Sánches Neto geht es um die sogenannte alternative Geschichte. Der Autor beschreibt eine schreckliche Dystopie der Vergangenheit: ein angebliches Abkommen zwischen Getúlio Vargas und Adolf Hitle:, die südlichen Staaten Brasiliens werden den Gesetzen und der Herrschaft Nazi-Deutschlands unterworfen, was zu Rassismus und Intoleranz gegenüber "nicht-arischen" Menschen führte. Das Opfer im Roman ist der schwarze Ingenieur Adolpho Ventura. Er verliert alles, erleidet unerbittliche Verfolgung und wird schliesslich in einem Konzentrationslager inhaftiert.
In dem Roman O cisne e o aviador (2014) beschreibt die Journalistin Heliete Vaitsman die fiktive Begegnung einer Opferfamilie mit einem NS-Täter, der für den Tod von mehr als 30.000 Juden verantwortlich gemacht wurde. Es handelt sich um den bekannten lettischen Flieger Herberts Cukurs, eine historische Figur, die sich in Rio de Janeiro niederließ und eine Tretbootfirma an dem See  Rodrigo de Freitas besaß und später von Mossad-Agenten in Montevideo ermordet wurde.
Uma carta em Auschwitz (2018) von Celso M. Possas erzählt die Flucht von zwei jüdischen Kindern, Paulo und Lydia, die halb Europa durchqueren, bis sie sich in Triest nach Brasilien einschiffen, wo sie eine neue Heimat finden, aber von der Vergangenheit eingeholt werden, als sie auf Nazis aus den Konzentrationslagern treffen, die mit Josef Mengele zusammenarbeiteten und ebenfalls in Brasilien Zuflucht fanden. Viele Jahre später findet Paulo zufällig bei einem Besuch im Auschwitz-Museum einen an ihn adressierten Brief seiner Eltern, die dort umkamen.

Volker Jaeckel ist Professor für Germanistik und Komparatistik an der Bundesuniversität von Minas Gerais (UFMG) in Belo Horizonte. Nach dem Studium der Hispanistik, Politologie und Germanistik, war er DAAD-Lektor in Belém, hat in Romanischer Literaturwissenschaft promoviert und unterrichtete an den Universitäten in Potsdam, Berlin, Jena sowie als Gastdozent in Freiburg, Argentinien, Brasilien und Kolumbien. Außerdem war er Gastforscher an den Universitäten Düsseldorf, Flensburg, Alcalá de Henares und Valencia. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der Großstadtliteratur, Darstellungen von Krieg in der Literatur, transnationalen Erinnerungskulturen und Migrationen. Er leitet an der UFMG seit 2020 eine Forschergruppe zu Exil und Migration.

Dr. Isabelle Leitloff (Europa-Universität Flensburg)

Stefan Zweigs Flucht vor dem Nationalsozialismus - aus Europa, nach Brasilien. Transatlantische Überquerungen und ihre Folgen in der (außer-)literarischen Realität Zweigs

Der Vortrag Stefan Zweigs Flucht vor dem Nationalsozialismus – aus Europa, nach Brasilien. Transatlantische Überquerungen und ihre Folgen in der (außer-)literarischen Realität Zweigs fragt nach Stefan Zweigs Blick durch die Entfernung zu Europa auf seine ‚alte Heimat‘ und erörtert, ob die Flucht Zweigs nur zu einer Transatlantiküberquerung im (außer-)literarischen Sinne oder auch zu literarisch-kulturell-sprachlichen Überschreitungen im konzeptuellen Sinne führt. Der Beitrag schließt an das Thema der Kolloquienreihe Transnationale Literaturen und Literaturtransfer im 20. und 21. Jahrhundert an und betrachtet den berühmten Autor Stefan Zweig aus transnationaler Perspektive kritisch.

Dr. Isabelle Leitloff ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin an der Europa-Universität Flensburg im Projekt Internationalisierung der Lehrkräftebildung@home. Interkulturelle Literatur als Modul. Sie lehrt aktuell Mediengeschichte und Medientheorie im Dualen Masterstudiengang der EUF. Nach dem Studium der Romanistik, Komparatistik und Germanistik forschte und lehrte sie unter anderem in Paderborn, Havanna, Rio de Janeiro, São Paulo und Izmir im Bereich der interkulturellen Germanistik und der postkolonialen Studien.

16.15 -17.45 Uhr, Online-Vorträge mit Diskussion

Veranstaltungslink:

https://uni-flensburg.webex.com/uni-flensburg/j.php?MTID=mf04283f872fb5d2d71ab9699d7ea0319

Meeting number (access code): 2733 218 4100
Meeting password: wpViQdyB296

Organisation: Prof. Dr. Margot Brink (Leitung), Matteo Anastasio, Lisa Dauth, Andrew Erickson, Dr. Isabelle Leitloff, Jan Rhein, Bethany Webster-Parmentier