Literatur- und Kulturwissenschaftliches Kolloquium
Das Literatur- und kulturwissenschaftliche Kolloquium lädt herzlich zu dem neuen Diskussionsformat Texte und Themen für die Gegenwart ein. Zum Auftakt der jeweiligen Veranstaltung lassen wir literarische und wissenschaftliche Texte selbst sprechen, anschließend kommen Expert*innen zu Wort, bevor auf der gemeinsamen Basis des Gehörten diskutiert wird. Die 90-minütigen Veranstaltungen werden von den Instituten für Anglistik/Amerikanistik, Dänisch, Germanistik und Romanistik gemeinsam organisiert und finden jeweils mittwochsabends um 18 Uhr c.t. in OSL 238 statt.
Im Herbstsemester 2024/25 erwarten uns folgende Texte und Themen:
13.11. Dr. Tobias Nanz: Drohen und beleidigen. Zu den Grenzverschiebungen des Populismus
Zum Zeitpunkt dieser Ankündigung ist noch nicht klar, wer die Präsidentschaftswahlen in den USA gewonnen haben wird. Es ist noch nicht klar, ob Trump die verlorene Wahl abstreiten und seine Anhänger:innen erneut zum Sturm auf das Kapitol in Washington aufwiegeln wird. Oder ob er, im Fall seiner Wahl, seine Ankündigung wahrmacht, und "Diktator für einen Tag" (oder länger?) werden wird.
Tobias Nanz wird entlang des Bandes The Great Disruptor. Über Trump, die Medien und die Politik der Herabsetzung (hg. zus. mit Lars Koch und Christina Rogers, Metzler, 2. Aufl. 2023) und einiger Beispiele eine Diskussion anbieten zur Politik des Populismus, der Alt-Right, der Emotionen, Feindschaft und Identität.
Tobias Nanz, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Europäische Medienwissenschaft der Europa-Universität Flensburg sowie Associate Professor am Institut for Kultur- og Sprogvidenskaber der Syddansk Universitet Odense (SDU). Dort forscht er am Center for War Studies (SDU) zu Crisis Communication and Deterrence: The Interaction of Facts and Fictions (CODE) im Rahmen eines Marie Skłodowska-Curie Individual Fellowships.
20.11. Eliza Comsa: Ein Mensch und sein Fluss – Die Drina in Saša Stanišićs "Wie der Soldat das Grammofon repariert"
"Ich will an der Drina hundertdreißig Jahre alt werden", behauptet Aleksandar, der Protagonist des 2006 erschienenen Romans Wie der Soldat das Grammofon repariert von Saša Stanišić. Er lebt in Višegrad, einer kleinen Stadt in Bosnien und Herzegowina, nahe der Grenze zu Serbien. Aus seiner Perspektive wird über den Alltag in der Kleinstadt, über seine Familie und Freunde sowie das Angeln an der Drina erzählt. Es sieht so aus, als hätte Aleksandar eine unbeschwerte Kindheit, bis der Bosnienkrieg ausbricht und er mit seiner Familie nach Deutschland fliehen muss.
Im Rahmen dieser Veranstaltung werden wir gemeinsam Auszüge aus dem Roman lesen und anschließend über die unterschiedlichen Facetten und Dimensionen des Flusses Drina sowie über die Beziehung der Hauptfigur zu dem Fluss diskutieren.
Eliza Cristina Comsa studierte Germanistik und Anglistik sowie Germanistik im europäischen Kontext an der Babes-Bolyai Universität in Cluj-Napoca (Rumänien). Seit 2022 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotionsstudentin am Institut für Germanistik der Europa-Universität Flensburg. Zu ihren Forschungsinteressen zählen die interkulturelle Germanistik, Wasserdiskurse in den deutschsprachigen Literaturen, Antisemitismus und Gender Studies.
11.12. Prof. Dr. Margot Brink & Prof. Dr. Reto Rössler: "Ich zum Beispiel" – Autosoziobiographische Texte im deutsch-französischen Dialog
Fragen der Klassenzugehörigkeit und sozialen Diskriminierung in Verbindung mit einem Nachdenken über die eigene Herkunft werden in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur wieder vermehrt gestellt. Titel wie Zeige Deine Klasse. Die Geschichte meiner sozialen Herkunft (Daniela Dröscher, 2018), Die Elenden (Anna Mayr, 2020) oder Ein Mann seiner Klasse (Christian Baron, 2020) stehen exemplarisch für die zunehmende Bedeutung der "Autosoziobiographie". Ein Begriff, der über französischsprachige AutorInnen, allen voran Annie Ernaux (La place, 1983), später auch Didier Éribon (Retour à Reims, 2009) oder Édouard Louis, in den deutschsprachigen Kontext transferiert wurde und einen regelrechten Boom dieser ‚Herkunftsliteraturen‘ auslöste. Die ReferentInnen werden einige wichtige autosoziobiographische Texte vorstellen, nach den deutsch-französischen Transferprozessen, den intersektionalen Verflechtungen verschiedener Diskriminierungsformen und den vielfältigen Schreibweisen von Klasse und Herkunft fragen.
Prof. Dr. Margot Brink ist Professorin für französische Literatur- und Kulturwissenschaft im europäischen Kontext am Institut für Romanistik der EUF.
Prof. Dr. Reto Rössler ist Juniorprofessor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik der EUF.