Kritik und Post-Kritik in der Pädagogik
11. und 12. November 2020
Aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage findet diese Veranstaltung im digitalen Format statt, die Anzahl der Teilnehmer*innen ist daher nicht begrenzt. Bitte melden Sie sich dennoch verbindlich per E-Mail (zebuss-TextEinschliesslichBindestricheBitteEntfernen-
Die Arbeitstagung findet ihren Ausgangspunkt in der deutschsprachigen Übersetzung des Manifests für eine post-kritische Pädagogik (Hodgson et al. 2017)[1] übersetzt im Herbstsemester 2019/2020 an der Europa-Universität Flensburg von Sabrina Carbone, Anna Lena Sahliger und Martin Bittner). Ziel der Tagung ist dieses Manifest einer Postkritischen Pädagogik im deutschsprachigen Raum mit kritischen Erziehungswissenschaftler*innen zu diskutieren. Damit soll einerseits ein Austausch zwischen globalen Konzepten[2] ermöglicht werden und gleichzeitig wird eine erziehungswissenschaftliche Präzisierung in theoretischer und methodologischer Hinsicht des Manifests angestrebt.
Das Manifest umreißt die Perspektive einer post-kritischen Pädagogik, indem fünf Grundsätze formuliert werden, " […] die gegründet sind auf der Überzeugung der Möglichkeit der Veränderung, wie sie in der kritischen Theorie und Pädagogik zu finden ist, allerdings mit einer affirmativen Haltung: eine post-kritische Ausrichtung von Bildung (education), die unter aktuellen Bedingungen an Einfluss gewinnen wird und dies wiederum ist begründet in eine Hoffnung, für das, was noch kommen wird." (Hodgson et al. 2017, S. 1)
Die Grundsätze von Hodgson et al. (2017) lassen sich wie folgt skizzieren:
- Der erste Grundsatz besagt, dass es Grundsätze gibt, die es sich zu verteidigen lohnt.
- Der zweite Grundsatz reklamiert eine hermeneutische Perspektive – in Abgrenzung zu einer normativen.
- Der dritte Grundsatz unterstellt eine grundlegende Gleichheit.
- Der vierte Grundsatz konstatiert eine hoffnungsvolle Sichtweise (in Abgrenzung zu einer optimistischen).
- Der fünfte Grundsatz formuliert schließlich eine Verschiebung von der Bildung für Bürgerschaft zur Liebe für die Welt.
Ein Manifest, dass gegenwärtig und zukünftig Relevanz beanspruchen will, muss sich als Utopie einer Reihe von wissenschaftlichen Konzeptionen/Paradigmen stellen. Die wesentliche Beobachtung einer international ausgerichteten erziehungswissenschaftlichen Forschung ist neben der neoliberal beförderten Notwendigkeit einer evidenzbasierten Pädagogik, gerade deren Kritik[3] und Entzauberung[4] durch empirische (zumeist rekonstruktiv-qualitative sowie ethnographische) Forschung.
Dazu bedarf es grundsätzlicher (theoretischer) Auseinandersetzungen mit dem Post-Kritikbegriff sowie der Reflexion der spezifischen Wissensgenerierung die durch die Übersetzung von globalen Konzepten entsteht. Davon leiten sich sodann weitere theoretische und methodische Fragen und Vertiefungen ab, die dem Manifest inne wohnen, oder im Anschluss an das Manifest und sodann im Rahmen der Arbeitstagung weiter geführt werden können.
Wir beabsichtigen eine deutschsprachige Bestimmung, ein erziehungswissenschaftliches Ausloten der vorgeschlagenen pädagogischen Dimensionierungen, wie sie sich im Manifest als Erziehung und Bildung, Hermeneutik, Normativität und "Liebe zur Welt" andeuten. Wir sehen die Möglichkeit, weitere Perspektiven anzuschließen. Wie vermittelt sich eine post-kritische Pädagogik etwa durch Theoreme der Anerkennung? Welche Bedeutung kann einer post-kritischen Pädagogik innerhalb der pädagogischen Praxis und auch der Bildung/Ausbildung/Professionalisierung von Erzieher*innen, Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen und Lehrer*innen verliehen werden? Verfolgt man den Überlegungen einer post-kritischen Pädagogik, ergeben sich auch methodisch-methodologische Fragen, wie man eine post-kritische Pädagogik in einem post-qualitativen[5] Sinne an erziehungswissenschaftliche Forschungen herantragen kann, und wie dadurch Fragen der Erkenntnis und Fragen der Vermittlung ineinander spielen. Damit transformiert sich ggf. die methodologische Ebene, bzw. bedarf es neuer Vorschläge für die Erforschung des Pädagogischen.
Programm
Literatur
[1] Hodgson, N., Vlieghe, J., & Zamojski, P. (2017). Manifesto for a post-critical pedagogy. Earth, Milky Way: punctum books.
[2] Als weitere Auseinandersetzung mit den Fragen von Globalisierung und Pädagogik seien hier exemplarisch angeführt: Biesta, G., & Säfström, C. A. (2011). A Manifesto for Education. Policy Futures in Education, 9(5), 540–547.
Marchetti, R. (2017). Global Democracy (Vol. 1): Torres, C. A. (2019). Education for Global Citizenship. In G. W. Noblit (Ed.), Oxford research encyclopedias. Oxford: Oxford University Press.
Santos, B. d. S. (2013). Epistemologies of the South: Justice against epistemicide. Boulder: Paradigm Publishers.
[3] Etwa: Wiseman, A. W. (2010). The Uses of Evidence for Educational Policymaking: Global Contexts and International Trends. Review of Research in Education, 34(1), 1–24
Sellar, S., & Lingard, B. (2014). The OECD and the expansion of PISA: new global modes of governance in education. British Educational Research Journal, 40(6), 917–936.
[4] Dazu bereits Eisenberg, J. (1995). The Limits of Educational Research: Why Most Research and Grand Plans in Education Are Futile and Wasteful. Curriculum Inquiry, 25(4), 367–380.
[5] Lather, P., & St. Pierre, E. A. (2013). Post-qualitative research. International Journal of Qualitative Studies in Education, 26(6), 629–633. https://doi.org/10.1080/09518398.2013.788752
Prof. Dr.Anke Wischmann
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